Sehr Große Online-Plattformen deklarieren Einhaltung des DSA – Forschende sollten dies überprüfen.

    Platform Governance
    Regulation

Cathleen Berger

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Seit 28. August 2023 müssen die sehr großen Online-Plattformen (engl. VLOPs) wie Facebook, Instagram, YouTube oder TikTok die neuen Verpflichtungen aus dem Gesetz über digitale Dienste (engl. DSA) anwenden.

Fast alle der 19 bisher benannten Plattformen haben ihre jeweiligen Anpassungen öffentlich verkündet. Hierbei geht es meist um Aspekte wie chronologische Feeds, Möglichkeiten, Inhalte anzuzeigen bzw. Beschwerde einzureichen, Transparenzregeln für Werbung sowie leichter auffindbare Optionen, die Personalisierung auszuschalten. Netzpolitik.org hat einen guten Überblick veröffentlicht, was diese Veränderungen für Nutzer:innen bedeuten.

Eine Plattform, auf die viele besonders gespannt waren, ist TikTok. Bisher hielt sich die Plattform mit Informationen über ihre Nutzer:innenbasis, algorithmenbasierte Filterung, politische Einflussnahme und ähnliche, regulierungsrelevante Aspekt eher bedeckt. In einer Pressemitteilung vom 4. August konstatiert das Unternehmen zahlreiche Neuerungen: Beschwerdemechanismen für illegale und schädliche Inhalte, ein Team von Inhaltsmoderator:innen und Rechtsspezialist:innen, erhöhte Transparenz für Entscheidungen zur Inhaltsmoderation, Optionen, Filter und Personalisierung anzupassen sowie die Verpflichtung, keinerlei gezielte Werbung an Minderjährigen zu erlauben.

Allerdings bedeutet Ankündigung noch lange nicht Umsetzung. Die Wissenschaftler:innen Martin Degeling und Anna Semanova der Stiftung Neue Verantwortung haben sich direkt an die Arbeit gemacht und TikToks API auf gezielte Werbung von Menschen unter 17 Jahren untersucht. Ihre Ergebnisse sind eindeutig: an der algorithmischen Filterung und gezielten Werbung hat sich nichts verändert.

Nicht nur ist das eine zentrale Erkenntnis für die EU-Kommission, die die Aufsicht über die VLOPs innehat. Es bedeutet vor allem auch, dass Forschende von ihren neuen Datenzugangsrechten im Rahmen des DSA konsequent Gebrauch machen müssen, um die Plattformen und ihre Ankündigungen unter die Lupe zu nehmen. Der DSA wird im Februar 2024 seine volle Wirkung entfalten, auch für kleinere Plattformen und insbesondere mit Blick auf die jeweilige Umsetzung und Aufsicht durch die einzelnen Mitgliedsstaaten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Durchsetzung – auch was die Einbeziehung von Zivilgesellschaft sowie Forschungszugang zu den Plattformen betrifft. Das TikTok-Beispiel zeigt deutlich, dass die Relevanz des DSA an den tatsächlichen Veränderungen auf den Plattformen, nicht nur ihren Ankündigungen gemessen werden wird.

Und – wenn auch du zum Monitoring von Plattformen beitragen oder Degelings und Semanovas Forschung reproduzieren möchtest, dann haben wir gute Neuigkeiten: nächste Woche launchen wir einen Wissens- und Knotenpunkt für Social Media Monitoring (SMM Knowledge Hub), auf dem ihr u.a. Code für die Erforschung von TikTok, X, Blogs und mehr finden könnt. Der Knowledge Hub wird Open Source, unter CC BY Lizenz verfügbar sein und ist offen für weitere Beiträge. Lasst uns die neuen Forschungs- und Datenzugänge strategisch nutzen.


Cathleen Berger

Cathleen Berger

Co-Lead

Cathleen Bergers berufliche Erfahrung erstreckt sich über verschiedene Sektoren: Wissenschaft, Regierung, Zivilgesellschaft, Unternehmen und Startup. Ihre Arbeit und Forschung konzentrieren sich auf die Schnittstellen zwischen digitalen Technologien, Nachhaltigkeit und sozialer Wirkung. Sie arbeitet derzeit mit der Bertelsmann Stiftung als Co-Leiterin für Upgrade Democracy sowie den Reinhard Mohn Preis 2024 und Senior Expert für Zukunftstechnologien und Nachhaltigkeit. Darüber hinaus, berät und arbeitet sie gelegentlich mit gemeinwohlorientierten Unternehmen und Organisationen an ihren Klima- und sozialen Wirkungsstrategien.

Zuletzt verantwortete sie den B Corporation Zertifizierungsprozess eines jungen Klimastartups, initiierte und leitete Mozillas Nachhaltigkeitsprogramm, arbeitete als Referentin im Koordinierungsstab für Cyber-Außenpolitik im Auswärtigen Amt, als Beraterin mit Global Partners Digital, Forschungsassistentin in der Stiftung Wissenschaft und Politik sowie Gastdozentin an der Friedrich Schiller Universität Jena.

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