JamiiCheck: Gemeinschaftliche Fact-Checking-Plattform

Virginia Kirst

Highlight
Logo JamiiCheck
Name
JamiiCheck
Gründungsjahr
2006 (JamiiForums), 2022 (JamiiCheck)
Standort
Dar Es Salaam, Tansania
Mitarbeitende
> 20
Methodologie
Debunking, Prävention und Bildung, Counterspeech
Finanzierung
internationale Organisationen und Regierungen durch ihre Botschaften vor Ort

JamiiForums ist eine unabhängige soziale Plattform in Tansania mit über 660.000 registrierten Nutzer:innen. Neuerdings hat sie mit JamiiCheck auch eine gemeinschaftliche Fact-Checking-Sparte: Dort beantworten Expert:innen Fragen und Nutzer:innen können mit ihrem Wissen beitragen. Dank der großen Beliebtheit von JamiiForums erreicht JamiiCheck ein überraschend großes Publikum.


JamiiCheck ist ein gemeinschaftliches Fact-Checking-Portal aus Tansania, das sich der Bekämpfung von Desinformation verschrieben hat. Es gehört zur unabhängigen Social-Media-Plattform JamiiForums, die von der gleichnamigen zivilgesellschaftlichen Organisation betrieben wird, die sich für gute Regierungsführung, Rechenschaftspflicht, digitale Rechte, soziale Gerechtigkeit und Demokratie einsetzt.

Der Name „Jamii“ bedeutet aus Suaheli ins Deutsche übersetzt „Gesellschaft“ und beschreibt den Kern des Forums und des Portals, denn bei beide leben davon, dass möglichst viele Nutzer:innen sich an ihnen beteiligen.

JamiiForums ist ein unabhängiges Forum für Suaheli-Sprecher:innnen, das seit 2006 existiert und heute über 660.000 registrierte Nutzer:innen hat, die dort über die verschiedensten Themen diskutieren. Im November 2022 wurde es um das Portal JamiiCheck erweitert, das die Struktur des Forums nutzt, sich aber speziell Faktenchecks widmet. Bürger:innen können dort Aussagen, Gerüchte und Nachrichten-Artikel verifizieren und die Authentizität von viralen Videos und Fotos feststellen lassen.

„Wir haben JamiiCheck speziell zur Bekämpfung von Desinformation im Umfeld von Wahlen gegründet, weil sie in diesen Zeiten immer stark zunimmt. Auch, weil Parteien Desinformationen gezielt verbreiten, um etwa an Beliebtheit zu gewinnen.“

Faktenchecks mit Crowd-Wissen

Denn genau wie im Rest der Welt zirkuliert auch in Tansania gerade im Internet viel Desinformation, die die Menschen verunsichert. Gleichzeitig fehlen neutrale Stellen, die Fakten verlässlich und unabhängig überprüfen. „Wir haben JamiiCheck speziell zur Bekämpfung von Desinformation im Umfeld von Wahlen gegründet, weil sie in diesen Zeiten immer stark zunimmt. Auch, weil Parteien Desinformationen gezielt verbreiten, um etwa an Beliebtheit zu gewinnen“, erklärt Francis Nyonzo, Programmbeauftragter bei JamiiForums. JamiiCheck versucht, diesen Trend zu bekämpfen.

Die Besonderheit des Portals ist, dass die Faktenchecks nicht ausschließlich von Angestellten durchgeführt werden, sondern, dass alle registrierten Nutzer:innen etwas zu ihnen beitragen können. So gibt es als Antwort auf jede Frage, die bei JamiiCheck gestellt wird, unter dem Titel „Tunachokijua“ („Was wir wissen“) eine offizielle Antwort der Fact-Checker:innen der Plattform. Sie ist farblich von den restlichen Inhalten abgehoben und rotumrahmt, wenn der Faktencheck negativ ausgefallen ist, grün, wenn die Fakten der Wahrheit entsprechen und gelb, wenn die Antwort nicht eindeutig ist.

„Diese Herangehensweise ist besonders effektiv bei lokalen Inhalten, bei denen Informationen nicht ohne Weiteres online verfügbar sind. Die JamiiForums-Mitglieder steuern in solchen Fällen oft Bilder oder Videos bei, um Behauptungen zu untermauern oder zu widerlegen.“

Zusätzlich können die Nutzer:innen aber weiter unten im Beitrag weitere Fragen stellen, den Faktencheck kommentieren oder Kontext hinzufügen, wenn sie die entsprechende Expertise besitzen, also etwa Wissen über ein spezielles Thema oder eine Region. Nyonzo erklärt die Vorteile: „Diese Herangehensweise ist besonders effektiv bei lokalen Inhalten, bei denen Informationen nicht ohne Weiteres online verfügbar sind. Die JamiiForums-Mitglieder steuern in solchen Fällen oft Bilder oder Videos bei, um Behauptungen zu untermauern oder zu widerlegen.“ Anschließend werden die Faktenchecks über die Webseite hinaus verbreitet und etwa auf Social-Media-Profilen von JamiiCheck oder in traditionellen Medien veröffentlicht.

Große Reichweite dank Zugehörigkeit zu Forum

Nyonzo erklärt das Ziel, das JamiiForums mit JamiiCheck verfolgt: „Durch die Bereitstellung zuverlässiger, geprüfter Informationen trägt die Plattform zu einer besser informierten und stärker engagierten Öffentlichkeit bei.“ Denn indem JamiiCheck die Bürger:innen mit geprüften Fakten ausstatte, könnten diese sich nicht nur ein fundiertes Urteil bilden, sondern aktiv an sinnvollen und sinnstiftenden Diskussionen teilnehmen.

„Durch die Bereitstellung zuverlässiger, geprüfter Informationen trägt die Plattform zu einer besser informierten und stärker engagierten Öffentlichkeit bei.“

Ein besonders einflussreicher Faktencheck, den JamiiCheck veröffentlicht hat, drehte sich um einen Aberglauben beim Gemüseanbau. Er besagte, dass es einen negativen Einfluss auf das Wachstum von Kohl habe, wenn menstruierende Frauen durch die Felder gingen. JamiiCheck veröffentlichte einen Faktencheck, der diese Sorge als unbegründet klarstellte und erreichte damit über Instagram, Facebook, Telegram und WhatsApp 525.000 Nutzer:innen und über eine Millionen Impressions. „Nachdem wir die Geschichte richtiggestellt hatten, haben viele Menschen die Vorurteile reduziert, die sie gegenüber Frauen hatten“, sagt Nyonzo. 

Wie JamiiCheck als Vorbild dienen kann

Die Besonderheit an JamiiCheck ist, dass es die Nutzer:innen des Forums JamiiForums aktiv in die Faktenchecks einbindet. So erzielt die Organisation einen doppelten Vorteil: Einerseits werden die Checks durch Informationen angereichert, die für die Fakten-Checker:innen möglicherweise schwerzugänglich wären, in der großen Nutzer:innengemeinde aber vorhanden sind. Gleichzeitig erzielt es mit dieser Methode die aktive Beteiligung vieler Nutzer:innen, die sich so im Wahrheitsfindungsprozess engagieren, was für sie sinnstiftend ist und dazu beiträgt, sie für Desinformation zu sensibilisieren und diese gleichzeitig zu bekämpfen.


Virginia Kirst

Virginia Kirst

Freie Journalistin

Ich arbeite als freie Journalistin zwischen Rom und Hamburg. Meine Spezialität ist, die römische Politik zu entwirren und zu zeigen, welche Folgen sie haben wird – für Berlin, Bern, Brüssel und Wien. Als Auslandskorrespondentin schreibe ich Analysen, Berichte, Interviews und Reportagen für Zeitungen, Magazine und Webseiten. Außerdem berichte ich im Live-Fernsehen über aktuelle Ereignisse und werde als Italien-Kennerin ins Fernsehen, ins Radio und zu Podcasts eingeladen.

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